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Der Ort heute

Beitrag der Ostthüringer Zeitung (OTZ) - zu Besuch in Schwaara: 

Überraschendes am Ende der Straße: Zu Besuch in Schwaara im Landkreis Greiz.
Kulmklippen, Krötenköpfe und Frühblüher

 

Das knapp 150 Einwohner zählende Dorf nur wenige Meter nordöstlich von Gera hat einen wohl einmaligen Namen: Als „Sqwaara“ wurde es 1307 erstmals in einer Urkunde genannt, was möglicherweise „Brandplatz im Wald“ bedeutete. Der Ort ist sorbischen Ursprungs, denn die Sorben hatten die fruchtbare Gegend bis zur Saale etwa im 5. Jahrhundert besiedelt und in Tälern oder auf sonnigen Hügeln kleine Rundlinge gebaut.

Die Chronik berichtet, dass zwischen Schwaara und Trebnitz sogar kurzzeitig Kupfer- und Silberschächte in Betrieb waren, die allerdings wegen geringer Ergiebigkeit bald wieder aufgegeben wurden. Und Schwaara hatte, wie andere Dörfer in der Region auch, stark unter dem Dreißigjährigen Krieg, den Napoleonischen Kriegen, unter Rinderseuche und großem Viehsterben zu leiden.

Doch das Dorf hat sich immer wieder erholt, und der gute Lössboden hat es zu einem reichen Bauerndorf gemacht, wovon stattliche Vierseithöfe zeugen. Dazu hat gewiss auch die „Engere Gemeinde“ beigetragen, jenes 1860 gegründete Konsortium von zwölf Bauern, die gemeinsam die Gemeindeflächen gepflegt haben. Damals hatte Schwaara 156 Einwohner.
 
Erlaubter Nachdruck der OTZ-Beilage "Heimat" vom 28. März 2015; Dietmar Opitz

Über den Dorfteich mit seinen Kopfweiden und der originellen Milchbank

geht der Blick zu den schönen Fachwerkhäusern.

Die gepflegten Teiche und schönen Vierseithöfe machen noch immer den besonderen Charme des Dorfes aus. Als Denkmal geschützt ist das ehemalige Gut Schwarzenberg (Nr. 7), das vor vier Jahren sogar den Denkmalschutzpreis des Landkreises erhalten hat, und zwar für die beispielhafte Sanierung des Fachwerkhauses von 1791. Die Instandsetzung hat dem Dorf ein weiteres Schmuckstück und neue Einwohner eingebracht. In der einstigen Scheune hat die Familie nämlich nicht nur Wohnraum geschaffen, sondern auch ihren Wohnsitz von Berlin hierher verlegt.

Unter Denkmalschutz steht auch die Kirche, die der Heiligen Ursula geweiht ist. Im 15. Jahrhundert wurde die ursprünglich kleine Kapelle zum ersten Mal umgebaut. Sie erhielt ein Kirchenschiff und einen kleinen spitzen Turm. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Kirchenschiff verlängert. Heute erstrahlt das sanierte Kircheninnere würdevoll-schlicht in Blau, Weiß und Gold, und auf dem Dachboden hat die Kirchenjugend 2007 sogar eine kleine Ausstellung zur Regionalgeschichte eingerichtet.

Durch Schwaara führt die 37 Kilometer lange Bauerngarten-Route. Sie wurde als Begleitprojekt der Bundesgartenschau Gera/Ronneburg angelegt und verbindet neun schöne Bauerngärten westlich von Posterstein miteinander.

Viele Jahre war Schwaara auch an ein Schienennetz „angebunden“, hatte jedoch nur knapp 20 Jahre einen eigenen Haltepunkt. Die 1901 eröffnete Schmalspurbahn Gera-Wuitz-Mumsdorf war eigentlich als Kohlebahn entstanden, um die aufstrebende Industriestadt Gera mit der um Meuselwitz reichlich vorhandenen Braunkohle zu versorgen. Doch als die Vorräte erschöpft waren, das Transportvolumen nicht durch Kies und Sand ausgeschöpft werden konnte und der Reparaturstau nicht mehr zu übersehen war, beschloss die DDR-Regierung, die Strecke bis 1970 stillzulegen. Dem kam allerdings ein Unwetter zuvor, das 1969 einen erheblichen Teil der Gleisanlagen zerstörte.

Bei Schwaara war die Streckenführung schon 1935 geändert worden, weil es wegen der zu engen Kurven wiederholt zu Entgleisungen gekommen war. Die Trasse zwischen Schwaara und Zschippach existiert zum Glück noch. Sie ist heute ein großartiger Wanderweg durch den Schwaaraer Grund. Der Einstieg gleich am Ortseingang, links vom Schmiedeteich, ist nicht zu verfehlen. Durch das auwaldähnliche Laubmischwaldgebiet fließt der Lutschebach, und wenn der Waldboden Sonne bekommt, zeigt sich hier ein üppiges Frühblüher-Paradies: Schlüsselblume, Wald-Geißbart, Aronstab, Lerchensporn... Besonders empfehlenswert sind geführte Exkursionen. Auch wer sich für die Tierwelt interessiert, kommt auf seine Kosten. Mit etwas Glück sieht er Steinkauz, Wechsel- und Kreuzkröte oder den äußerst seltenen Juchtenkäfer.

Seine größte Berühmtheit hat Schwaara aber durch seine Zechsteinklippen und Krötenköpfe erlangt. Alljährlich kommen Studierende der Bergakademie Freiberg, um an den Kulmklippen am Kirchberg und beim ehemaligen Bahndurchbruch im Schwaaraer Grund die Geschichte des einstigen Zechsteinmeeres zu erkunden. „Wenn hier vor 255 Millionen Jahren die Stürme brausten, donnerten die Wellen an die Klippe am Kirchberg. Bei schönem Wetter sonnten sich auf den Felsen Reptilien, und über ihren Köpfen segelten Saurier im Gleitflug hinweg. Am Meeresboden wimmelte es von muschelähnlichen Armfüßern, den 'Krötenköpfen', deren Versteinerungen noch heute am Kirchberg und auf den Feldern zu finden sind“ stimmt sie der Professor ein.

 

Erlaubter Nachdruck der OTZ-Beilage "Heimat" vom 28. März 2015; Dietmar Opitz


Bei Zschippach mündet der Lutschebach in die Brahme, die sich malerisch westwärts nach Dorna schlängelt. Das Brahmetal, in dem sogar der Eisvogel heimisch ist, gilt mit seinen Mühlen selbst unter Naturliebhabern noch als Geheimtipp. Wer mehr vom Brahmetal sehen möchte, der sollte südlich vom Bach weiter bis Brahmenau gehen und von dort über Dorna zurück nach Schwaara.

Im Interesse der Wissenschaft

150-Einwohner-Dorf Schwaara im Interesse der Wissenschaft

 

Alljährlich zum Himmelfahrts- und Maifeiertag fahren Reisebusse mit Freiberger (Sachsen) Kennzeichen nach Schwaara. Mit im Gepäck jeweils über dreißig Studierende der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Unter Leitung von Prof. Dr. Schneider und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Gaitzsch erkunden die Studierenden die geologischen Besonderheiten der Gemarkung Schwaara. An den Aufschlüssen Kirchberg Schwaara und dem ehemaligen Bahndurchbruch im Schwaaraer Grund lässt sich hervorragend die ganze geologische Zeitgeschichte erklären - so Prof. Schneider. Vor Millionen von Jahren befand sich Schwaara genau an der Küste des Zechsteinmeers. Entsprechend interessante Ablagerungen und Anspülungen erfolgten am Schwaaraer Riff. Heute dienen die sehr gut zugänglichen Schwaaraer Aufschlüsse als Training für Gesteinsansprachen, der Fossilien-Bestimmung, dem Erkennen von Lagerungsformen, sedimentären Faziesmustern, sowie palökologischen Faziesindikatoren.

 

Studierende der TU Bergakademie Freiberg im Frühjahr 2013 am Aufschluss des ehemaligen Bahndurchbruchs im Schwaaraer Grund.
Studierende der TU Bergakademie Freiberg im Frühjahr 2013 am Aufschluss
des ehemaligen Bahndurchbruchs im Schwaaraer Grund.
 
Dokumentation des Aufschlusses von Prof. Dr. Schneider.
Dokumentation des Aufschlusses von Prof. Dr. Schneider.

 

Die Studierenden fertigen Aufschlussdokumentationen, -skizzen, und Profilaufnahmen an. Dies erlaubt die Ableitung der Genese der Sedimente, des Bildungsraumes, der stratigraphischen Einordnung sowie der geotektonischen Prozessfolge. Neben festem Schuhwerk zählen Lupe, Zollstock, Kompass und natürlich das persönliche Feldbuch zur Grundausstattung der Studierenden. Bei der Ostthüringer Exkursion handelt es sich um eine Pflichtveranstaltung für die Bachelor-Studierenden des Studiengangs Geologie/Mineralogie. Das eintägige Geländepraktikum ist Bestandteil der Vorlesung Paläontologie / Stratigraphie in der Grundausbildung. Weitere Anfahrtspunkte an diesem Tag sind Aufschlüsse in Gera, Krölpa und Ranis. Soweit zur Gegenwart - lauschen wir kurz Prof. Dr. Schneider und seiner Erzählung zur zeitgeschichtlichen Entwicklung:

„In einem Meer vor langer Zeit lag Schwaara in einer wellenumtosten Klippenzone vor der Küste des Zechsteinmeeres. Wenn vor rund 255 Millionen Jahren Stürme übers Meer brausten, dann donnerten die Wellen an die Klippe am Kirchberg mitten im Dorf. Bei schönem Wetter sonnten sich auf den Felsen am Meer Reptilien, wie der etwa knapp 2 m lange Protorosaurus, über ihren Köpfen segelten bis 40 cm lange Saurier im Gleitflug hinweg, im lichtdurchfluteten Meer tummelten sich zahlreiche Fische, ab und zu aufgestöbert durch kleine Haie. Am Meeresboden wimmelte es von bestachelten Brachiopoden, wie sie um den Kirchberg herum und auf den Feldern um Schwaara mit ihrer silbrig glänzenden Schale häufig zu finden sind. Doch das Meer ist längst verschwunden. Warum kommen aber jährlich Freiberger Studenten und oft auch Wissenschaftler aus aller Welt nach Schwaara zum Kirchberg und in den alten Bahneinschnitt im Schwaaraer Grund? Weil dort die Geschichte dieses Meeres in den Stein geschrieben ist und dazu noch viel mehr aus der Geschichte unserer Erde. Diese Aufschlüsse dienen dazu, die Studenten am konkreten Objekt zu trainieren, aus der Art der Gesteine, aus ihren Lagebeziehungen und aus ihrem Fossil-Inhalt die Prozesse in der Erdgeschichte zu erkennen. Für Wissenschaftler von sonst woher sind sie ein einzigartiges Demonstrations-Objekt für die Erdgeschichte Europas.

 

Studierende der TU Bergakademie Freiberg im Frühjahr 2013 am Aufschluss Kirchberg im Ort Schwaara.
Studierende der TU Bergakademie Freiberg im Frühjahr 2013
am Aufschluss Kirchberg im Ort Schwaara.
 
Dokumentation des Aufschlusses Kirchberges von Prof. Dr. Schneider.
Dokumentation des Aufschlusses Kirchberges von Prof. Dr. Schneider.

 

Sehen Sie sich den kleinen Felsen am Kirchberg an. Im unteren Abschnitt steht die Schichtung senkrecht und schräg dazu verläuft eine intensive Schieferung. Diese Gesteine sind in einem noch älteren Ozean im Unterkarbon vor ca. 350 Millionen Jahren gebildet worden. Dann stießen die Nord- und Südkontinente aufeinander und zwischen ihnen faltete sich der Ozeanboden zu einem Hochgebirge auf. Aus Schlamm wurde geschiefertes Gestein. Aufgefaltet und herausgehoben unterlag das Gebirge der Abtragung – bei etwa 300 Millionen Jahren war es nur noch ein Mittelgebirge. Als vor ca. 255 Millionen Jahren das Zechsteinmeer von Norden über Mitteleuropa hereinbrach, bildeten die spärlichen Rümpfe des ehemaligen Gebirges Klippenzonen am Süd-Ufer dieses Meeres. Wie in und bei Schwaara. Der kalkige Schlamm am Boden des Meeres wurde mit den Überresten der Tiere darin zu Kalkstein. Der liegt jetzt waagerecht auf den steil stehenden Klippen des Gebirgsrumpfes. Und nirgendwo anders in Mitteleuropa ist das so toll zu sehen und zu verstehen! Ihr Jörg W. Schneider, Thüringer und Professor für Paläontologie am Institut für Geologie der TU Bergakademie Freiberg.“

Die Landwirtschaft in Schwaara

Die Landwirtschaft war jeher in der Gemeinde der Haupterwerbszweig. Bis zur Wende waren noch 50% der berufstätigen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.


Heute werden die großen Felderflächen durch die landwirtschaftliche Produktivgenossenschaft "Einheit" e. G. Trebnitz bewirtschaftet. Man findet in Schwaara nur noch ein paar Schafe, Kaninchen und Hühner vor, die dem Eigenbedarf dienen.

 

1682 Rinderseuche und großes Viehsterben
Januar 1921 In den Gemeinden Beiersdorf, Pölzig, und Röpsen ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Die Ortschaften Schwaara, Trebnitz, Negis, Zschippach, Dorna sowie die Ortsteile Bieblach und Tinz werden zu Beobachtungsgebieten erklärt.

 Landwirtschaft in Schwaara

Unterwegs auf den Spuren der ehemaligen Schmalspurbahn

"Gera-Pforten-Wuitz-Mumsdorf"

 

Ausgangsort: Söllmnitz
Ziel: Schwaara
Streckenlänge: 5 km

 

-> Auf der Strecke befinden sich folgende Anlaufpunkte:

  • Bahnhof Söllmnitz
  • Kläranlage Söllmnitz
  • Stausee Söllmnitz
  • Bahnhof Brahmenau
  • Kalkwerk Zschippach
  • Schwaaraer Bahndurchbruch
  • Haltepunkt Schwaara
  • Kirche Schwaara

 

-> Klicken Sie hier, um jetzt die Strecke online abzulaufen.

-> Eindrücke der letzten gemeinschaftlichen Wanderung

Das Einzigartige und Seltene an Schwaara

1. Der Eremit bzw. Juchtenkäfer in unserem Gebiet 

Der sehr seltene Käfer "Eremit" (Osmoderma eremita), auch als Juchtenkäfer bekannt, ist in Thüringen derzeit nur in 5 Gebieten zu finden. Außer dem Kyffhäuser sind diese Orte alle in Ostthüringen. Die Brahmeaue stellt dabei ein bedeutendes Gebiet dar. Die Larfe entwickelt sich über mehrere Jahre im Mulm von alten Bäumen, wie Eiche, Weide und Linde.

 

2. Die Eulenköpfe

In Folge der Erdverschiebungen hat das Zechsteinmeer, welches sich hier befand, vor 225 Millionen Jahren Sedimentablagerungen hinterlassen. Tiere wurden angespült und von Erdmassen begraben. Die muschelähnlichen Brachiopoden sind in Schwaara als Fossilien am häufigsten zu finden.

 

Brachiopoden

Der Aufbau:

Brachiopoden bestehen aus zwei unterschiedlichen Hälften, die obere kleinere Armklappe und die untere Stielklappe mit Saugfuß zum verankern am Meeresboden. Die Atmung und Nahrungsaufnahme erfolgte mit Hilfe der Tentakel zum Heranstrudeln und durch die Öffner- und Schließmuskeln, welche die Klappen bewegten.

 

Brachiopoden

Von den Bachiopoden gibt es über 956 Gattungen. Die häufigsten sind die Productus horridus

 

Früher konnten die abergläubischen Menschen sich diese Fossilien nicht erklären, daher spricht man im Volksmund auch heute noch von Eulen- bzw. Krötenköpfen.

Der etwas kleinere Spirifer alatus ist ebenfalls ein muschelähnlicher Armfüßler - er ist hier seltener zu finden.

Brachiopoden

3. Die Schwaaraer Kulmklippe

Als man die Schwaaraer Schmiede neu aufbaute, wurden auch nötige Felsarbeiten durchgeführt. Dabei wurden Profile der Kulmklippe am Kirchberg freigelegt. Die Schmiede Voigt gestattete dem Geologen Rudolf Hundt umfangreiche Beobachtungen und Studienarbeiten am Objekt.

 

Folgende Orte zählt man zu der Schwaaraer Kulmklippe:
Steinbruch hinter dem Gasthaus Vogel
Südseite des Kirchberges
Hinter der Voigtschen Schmiede
Steinbruch Westseite des Steinbruchs
Eisenbahndurchnitt im Schwaaraer Grund

Aufnahme vom Gestein im Bahndurchbruch

 

Aufnahme vom Gestein im Bahndurchbruch

 

Kontakt

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Verwaltungsgemeinschaft "Am Brahmetal"
Vorsitz der Verwaltungsgemeinschaft
Dorfstraße 17
07580 Großenstein
Tel.: 036602/3320
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